Sonntag, 7. Dezember 2008
Elch Willi geht auf Reisen 2.0
godjes, 16:47h
Elch Willi hat genug. Ständig hacken die anderen Elche auf ihm herum und das nur, weil er mit Ohrwärmern und Hausschuhen durch den Wald läuft. Okay, von weitem sieht es wirklich ein wenig lustig aus, wenn er so durch den Schnee stapft. Aber hier, in Skandinavien, ist es ihm einfach zu kalt, um wie die anderen Elche barhufig herumzulaufen.
Deswegen hat Willi einen Entschluss gefasst. – Er will in die Wüste. Hatte ihm doch einer seiner Zugvogel-Freunde erzählt, dass es dort nie schneit und viel wärmer ist. Genau das Richtige für ihn. Von seinem Traum erzählt er den anderen Elchen nichts, halten sie ihn doch eh schon für einen Spinner. Also macht er sich auf den Weg.
Willi ist jung und kräftig, kommt aber trotzdem nur langsam voran. Seine Schuhe behindern ihn. Deshalb und weil er angst vor den Menschen hat, ist er auch nur nachts unterwegs, oder spät am Abend.
Nach einem langen Marsch über Felder und Wiesen kommt er in die Nähe einer kleinen Vorstadt. Schon von weitem hört er Kinder singen und ihm liegt ein Geruch in der Nase, den er irgendwo her kennt. Neugierig schleicht er sich näher an das Haus, aus dem der Lärm zu kommen scheint.
Vorsichtig, ganz vorsichtig streckt er seine große Nase durch das Fenster. Eine Frau steht am Küchentisch. Sie hat eine silberne Form in der Hand mit der sie in eine braune Masse sticht. – Kekse, Schokokekse, wie lecker. Ewig hat er keine mehr gegessen. Weiter hinten im Raum verzieren Kinder die Kekse mit Zuckerguss. Sie scheinen Spaß zu haben.
Aber was ist das?
Die Kekse sehen ja aus, wie er selbst. Elch- Kekse.
Kopfschüttelnd macht sich Willi wieder auf den Weg. Da niemand zu sehen ist, bleibt er auf der Straße durch die Stadt. Schleicht von Haus zu Haus und schaut in viele Fenster. Bald läuft er an einem Haus mit großen, bunten, beleuchteten Fenstern vorbei. ein Kaufhaus. Davor bleibt er erschrocken stehen, vor ihm steht ein Elch. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er hier einem seiner Brüder begegnen würde. Doch als er ihn mit der Nase anstupst fällt dieser um – Pappe. Es ist einfach nur Pappe. Schnell macht Willi sich davon.
„Es ist also Weihnachtszeit“, schießt es Willi durch den Kopf. Er erinnert sich noch gut daran, wie die Menschen in seinem Land dieses Fest vorbereiten. Sie holen Bäume aus den Wäldern und es riecht überall nach Zimt und gebrannten Mandeln. Ähnlich wie hier.
Der Morgen dämmert schon. Viel zu lange ist er durch die Straßen gezogen. Er braucht ein Versteck. Da entdeckt er einen offenen Stall. Er steht neben einem großen Haus aus Stein. Dort will er sich bleiben und sich ausruhen.
Kaum, dass er eingeschlafen ist, wird er von lautem Stimmengewirr geweckt. Kinder stehen um ihn herum, die sogar mit dem Finger auf ihn zeigen. Aber sie lachen ihn nicht aus. Sie freuen sich über Willi, denn sie haben noch nie in ihrem Leben einen echten Elch gesehen. Auch die Kinder vom Abend sind dabei.
Sie strecken ihm einen ihrer Elchkekse entgegen.
Da sein Hunger größer ist, als seine Angst, nimmt er sie und lässt sich von den Kindern streicheln.
Irgendwie ist hier alles viel herzlicher. (stellt er fest) Die Menschen scheinen ihn zu mögen. Deshalb beschließt Elch Willi hier zu bleiben. Die Wüste läuft ihm ja nicht weg. Und irgendwie ist es hier auch viel wärmer, als Zuhause.
Deswegen hat Willi einen Entschluss gefasst. – Er will in die Wüste. Hatte ihm doch einer seiner Zugvogel-Freunde erzählt, dass es dort nie schneit und viel wärmer ist. Genau das Richtige für ihn. Von seinem Traum erzählt er den anderen Elchen nichts, halten sie ihn doch eh schon für einen Spinner. Also macht er sich auf den Weg.
Willi ist jung und kräftig, kommt aber trotzdem nur langsam voran. Seine Schuhe behindern ihn. Deshalb und weil er angst vor den Menschen hat, ist er auch nur nachts unterwegs, oder spät am Abend.
Nach einem langen Marsch über Felder und Wiesen kommt er in die Nähe einer kleinen Vorstadt. Schon von weitem hört er Kinder singen und ihm liegt ein Geruch in der Nase, den er irgendwo her kennt. Neugierig schleicht er sich näher an das Haus, aus dem der Lärm zu kommen scheint.
Vorsichtig, ganz vorsichtig streckt er seine große Nase durch das Fenster. Eine Frau steht am Küchentisch. Sie hat eine silberne Form in der Hand mit der sie in eine braune Masse sticht. – Kekse, Schokokekse, wie lecker. Ewig hat er keine mehr gegessen. Weiter hinten im Raum verzieren Kinder die Kekse mit Zuckerguss. Sie scheinen Spaß zu haben.
Aber was ist das?
Die Kekse sehen ja aus, wie er selbst. Elch- Kekse.
Kopfschüttelnd macht sich Willi wieder auf den Weg. Da niemand zu sehen ist, bleibt er auf der Straße durch die Stadt. Schleicht von Haus zu Haus und schaut in viele Fenster. Bald läuft er an einem Haus mit großen, bunten, beleuchteten Fenstern vorbei. ein Kaufhaus. Davor bleibt er erschrocken stehen, vor ihm steht ein Elch. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er hier einem seiner Brüder begegnen würde. Doch als er ihn mit der Nase anstupst fällt dieser um – Pappe. Es ist einfach nur Pappe. Schnell macht Willi sich davon.
„Es ist also Weihnachtszeit“, schießt es Willi durch den Kopf. Er erinnert sich noch gut daran, wie die Menschen in seinem Land dieses Fest vorbereiten. Sie holen Bäume aus den Wäldern und es riecht überall nach Zimt und gebrannten Mandeln. Ähnlich wie hier.
Der Morgen dämmert schon. Viel zu lange ist er durch die Straßen gezogen. Er braucht ein Versteck. Da entdeckt er einen offenen Stall. Er steht neben einem großen Haus aus Stein. Dort will er sich bleiben und sich ausruhen.
Kaum, dass er eingeschlafen ist, wird er von lautem Stimmengewirr geweckt. Kinder stehen um ihn herum, die sogar mit dem Finger auf ihn zeigen. Aber sie lachen ihn nicht aus. Sie freuen sich über Willi, denn sie haben noch nie in ihrem Leben einen echten Elch gesehen. Auch die Kinder vom Abend sind dabei.
Sie strecken ihm einen ihrer Elchkekse entgegen.
Da sein Hunger größer ist, als seine Angst, nimmt er sie und lässt sich von den Kindern streicheln.
Irgendwie ist hier alles viel herzlicher. (stellt er fest) Die Menschen scheinen ihn zu mögen. Deshalb beschließt Elch Willi hier zu bleiben. Die Wüste läuft ihm ja nicht weg. Und irgendwie ist es hier auch viel wärmer, als Zuhause.
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Mittwoch, 28. November 2007
Elch Willi geht auf Reisen I
godjes, 13:07h
Elch willi ist unterwegs in die Wüste. Er hat gehört, dass es dort viel wärmer ist, als in diesem kalten Skandinavien, außerdem soll rechts oder links neben der Wüste ein Mann wohnen der ihm helfen kann, wieder gesund zu werden.
Denn willi ist nicht mehr der jüngste, er lahmt etwas und hören kann er auch nicht mehr so gut. Außerdem ist er sehr vergesslich.
Doch an diese Geschichte von dem Mann kann er sich noch sehr gut erinnern, wenn auch nicht mehr in allen Einhelheiten und daran, von wem er sie gehört hat.
Trotz seines kältebedingten Rheumas macht er sich also auf den Weg.
Meist ist er nachts unterwegs, weil ihm die Leute sonst so fies anschauen oder vor ihm weglaufen. Und das will er ja nicht. Die Ruhe ist ihm lieber.
Eines Nachts aber trifft er einen kleinen Jungen. Ein wenig verwundert fragt er ihn, wo er denn hin will und warum er nicht schläft. Willi hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass dieser ihn versteht. Elchisch ist schließlich keine leichte Sprache. Der kleine Junge erzählt ihm von dem Kind, das Jesus heißt und in einem Stall liegt. Diesen sucht es jetzt. Elch Willi ist verblüfft. Dunkel erinnert er sich daran, dass so was auch in seiner Geschichte vorkam und er hofft, dass es vielleicht der Vater dieses Jungen ist, der ihm helfen kann, wieder Gesund zu werden. Also machen sie sich beide auf die Suche nach dem Stall.
Als der Morgen dämmert kommen sie an eine alte Kirche. Und tatsächlich, da war der Stall, und auch das Kind war da. Es lag in der Krippe und seine Eltern saßen starr neben ihm.
Willi und der Junge waren glücklich, sie hatten gefunden, wonach sie gesucht haben. Auch wenn sich bisher jeder der Anwesenden weigerte mit ihnen z u reden.
Elch Willi entschloss sich hier zu bleiben. Vorher wollte er den Jungen aber nach Hause bringen. Als sie an dem Haus ankamen war der Elch allerdings so müde, dass er sich in den Garten legte und schlief, bis er am nächsten Morgen von einer Hand geweckt wurde, die ihn hinter dem Ohr kraulte. Die Mutter des Junge leitet ein Freigehege für Wildtiere.
Ein wenig komisch fand Willi das Ganze ja schon. Er war nun erst vier Wochen unterwegs eigentlich hatte er mit mindestens acht gerechnet. Aber gut, er hatte gefunden, was er suchte. Jemanden, der sich wirklich um ihn bemühte.
Denn willi ist nicht mehr der jüngste, er lahmt etwas und hören kann er auch nicht mehr so gut. Außerdem ist er sehr vergesslich.
Doch an diese Geschichte von dem Mann kann er sich noch sehr gut erinnern, wenn auch nicht mehr in allen Einhelheiten und daran, von wem er sie gehört hat.
Trotz seines kältebedingten Rheumas macht er sich also auf den Weg.
Meist ist er nachts unterwegs, weil ihm die Leute sonst so fies anschauen oder vor ihm weglaufen. Und das will er ja nicht. Die Ruhe ist ihm lieber.
Eines Nachts aber trifft er einen kleinen Jungen. Ein wenig verwundert fragt er ihn, wo er denn hin will und warum er nicht schläft. Willi hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass dieser ihn versteht. Elchisch ist schließlich keine leichte Sprache. Der kleine Junge erzählt ihm von dem Kind, das Jesus heißt und in einem Stall liegt. Diesen sucht es jetzt. Elch Willi ist verblüfft. Dunkel erinnert er sich daran, dass so was auch in seiner Geschichte vorkam und er hofft, dass es vielleicht der Vater dieses Jungen ist, der ihm helfen kann, wieder Gesund zu werden. Also machen sie sich beide auf die Suche nach dem Stall.
Als der Morgen dämmert kommen sie an eine alte Kirche. Und tatsächlich, da war der Stall, und auch das Kind war da. Es lag in der Krippe und seine Eltern saßen starr neben ihm.
Willi und der Junge waren glücklich, sie hatten gefunden, wonach sie gesucht haben. Auch wenn sich bisher jeder der Anwesenden weigerte mit ihnen z u reden.
Elch Willi entschloss sich hier zu bleiben. Vorher wollte er den Jungen aber nach Hause bringen. Als sie an dem Haus ankamen war der Elch allerdings so müde, dass er sich in den Garten legte und schlief, bis er am nächsten Morgen von einer Hand geweckt wurde, die ihn hinter dem Ohr kraulte. Die Mutter des Junge leitet ein Freigehege für Wildtiere.
Ein wenig komisch fand Willi das Ganze ja schon. Er war nun erst vier Wochen unterwegs eigentlich hatte er mit mindestens acht gerechnet. Aber gut, er hatte gefunden, was er suchte. Jemanden, der sich wirklich um ihn bemühte.
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Nick's Weihnachtserlebnis
godjes, 13:03h
Weihnachtsabend. Ganz nervös sitzt Nick vor dem Tannenbaum. In ein paar Stunden gibt es endlich Geschenke. Da kommt sein Vater in die Tür. Aufgeregt geht er durch den Raum, sammelt ein paar Sachen ein und kommt schließlich auch zu Nick. Er kniet sich vor ihn und sagt: „Hör mal Nick, du weißt doch, dass Mami das Baby bekommt. Deine Tante hat gerade angerufen, dass wir ins Krankenhaus kommen sollen, weil es schon soweit ist. Sie hat Mami hin gebracht“ Nick freut sich, endlich ein Geschwisterchen zu bekommen, schon seit Monaten. Er schnappt sich schnell seine Jacke und flitzt mit seinem Papa zum Auto.
Stunden vergehen und Nick sitzt seit Ewigkeiten in so einem doofen Spielzimmer im Krankenhaus. Er macht sich Sorgen, aber nicht um das Baby. Ihn beschäftigt etwas ganz anderes. „Musste das Baby ausgerechnet heute kommen, das hätte ruhig noch ein paar Tage warten können, wo ich doch mein Auto bekomme.“ So schießt es ihm durch den Kopf. Ja, das Rennauto, mit Sirenen, Türen, die man aufmachen kann und Fernbedienung. Das stand ganz oben auf seinem Wunschzettel. Schneller sollte es sein als Papas Auto, damit er mit ihm ein Rennen fahren kann. Und jetzt sitzt er hier rum. So hatte er sich sein Weihnachten nicht vorgestellt.
Irgendwann kommt Nicks Vater wieder. Er freut sich riesig. Nimmt Nick in den Arm und erzählt ihm ganz aufgeregt, dass er jetzt eine Schwester hat. Und weil es der Mama noch nicht so gut geht, will auch er noch bei ihr bleiben. Deswegen soll Nick zu seiner Oma.
Nick kann sich nicht freuen. Es ist doch Weihnachten. Traurig denkt er an seine Geschenke, die unter dem Tannenbaum auf ihn warten. Sein Rennauto. Und wie langweilig es doch bei der Oma ist. „Ich habe jemanden angerufen, der dich zur Oma bringt. Er steht schon draußen.“ sagt der Papa sehr geheimnisvoll. Aber das bekommt Nick gar nicht mit. Zusammen machen sie sich auf den Weg nach draußen.
Dort angekommen traut er seinen Augen kaum. Da stand ein Auto, so wie er es haben will, nur viel, viel größer, mit Blaulicht an. Ein Mann in Uniform kommt zu ihm und nimmt ihn mit. Der Vater hatte seinen besten Freund angerufen. Der ist Polizist und deswegen darf Nick mit dem großen Polizeiauto zu Oma fahren. Das ist besser als jedes Spielzeugauto, Weihnachten ist gerettet.
Dass sein Vater sagt „Ich komme so bald es geht nach und dann bekommst du dein Geschenk.“ – das hört er schon gar nicht mehr.
Stunden vergehen und Nick sitzt seit Ewigkeiten in so einem doofen Spielzimmer im Krankenhaus. Er macht sich Sorgen, aber nicht um das Baby. Ihn beschäftigt etwas ganz anderes. „Musste das Baby ausgerechnet heute kommen, das hätte ruhig noch ein paar Tage warten können, wo ich doch mein Auto bekomme.“ So schießt es ihm durch den Kopf. Ja, das Rennauto, mit Sirenen, Türen, die man aufmachen kann und Fernbedienung. Das stand ganz oben auf seinem Wunschzettel. Schneller sollte es sein als Papas Auto, damit er mit ihm ein Rennen fahren kann. Und jetzt sitzt er hier rum. So hatte er sich sein Weihnachten nicht vorgestellt.
Irgendwann kommt Nicks Vater wieder. Er freut sich riesig. Nimmt Nick in den Arm und erzählt ihm ganz aufgeregt, dass er jetzt eine Schwester hat. Und weil es der Mama noch nicht so gut geht, will auch er noch bei ihr bleiben. Deswegen soll Nick zu seiner Oma.
Nick kann sich nicht freuen. Es ist doch Weihnachten. Traurig denkt er an seine Geschenke, die unter dem Tannenbaum auf ihn warten. Sein Rennauto. Und wie langweilig es doch bei der Oma ist. „Ich habe jemanden angerufen, der dich zur Oma bringt. Er steht schon draußen.“ sagt der Papa sehr geheimnisvoll. Aber das bekommt Nick gar nicht mit. Zusammen machen sie sich auf den Weg nach draußen.
Dort angekommen traut er seinen Augen kaum. Da stand ein Auto, so wie er es haben will, nur viel, viel größer, mit Blaulicht an. Ein Mann in Uniform kommt zu ihm und nimmt ihn mit. Der Vater hatte seinen besten Freund angerufen. Der ist Polizist und deswegen darf Nick mit dem großen Polizeiauto zu Oma fahren. Das ist besser als jedes Spielzeugauto, Weihnachten ist gerettet.
Dass sein Vater sagt „Ich komme so bald es geht nach und dann bekommst du dein Geschenk.“ – das hört er schon gar nicht mehr.
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Donnerstag, 15. November 2007
Der Alte und das Kind
godjes, 11:51h
In einer kleinen Stadt am Ende einer schmalen Straße lebte in einem kleinen Häuschen ein alter Mann mit seinem Hund. Der Mischling weicht dem Alten seit Jahren nicht mehr von der Seite.
Damals war das anders, er lief durch Wälder und Wiesen und war oft stundenlang unterwegs. Der Rüde jagte für sein Leben gern hinter Hasen und Rehen her. Gefangen hat er natürlich nie eines, dafür war er einfach zu langsam. Aber das machte ihm nichts aus. Auch grub er gerne riesige Löcher in den, an das Haus grenzenden Garten, um Knochen zu vergraben oder Mäuse und Maulwürfe zu fangen. Diese nahmen immer reiß aus, wenn sie ihn sahen. Sie wussten ja nicht, dass er nur mit ihnen spielen wollte. Sein Herr schaute ihm oft dabei zu und freute sich für seinen Hund, auch wenn er die entstandenen Löcher später alle wieder zuschütten musste.
Die Beiden gingen auch sehr selten in die Stadt. Meist nur, wenn sie Lebensmittel brauchten. Daher galt der Alte als Außenseiter und Eigenbrötler. Es machte ihm auch nicht viel aus, denn ihn plagten andere Probleme. Er vertraute sich Niemandem an, nicht einmal mir.
Wer ich bin? Eines Nachmittags, als ich wieder einfach so durch die Gegend schlenderte kam ich an seinem Haus vorbei. Ich sah ihn mitten im Garten stehen. Er schaute in die Ferne. So neugierig, wie ich nun mal bin, ging ich näher heran. Als er mich erblickte lächelte er mir einfach nur zu. Dadurch ermutigt fragte ich ihn, was er da mache. Er antwortete nicht, sondern machte die Pforte auf, nahm mich bei der Hand, führte mich in die Mitte des Gartens, da wo er vor wenigen Augenblicken noch gestanden hatte und deutete mit seiner Hand auf die Felder und den angrenzenden Wald hinter seinem Haus.
Gut zwei Minuten lang standen wir so da aber mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Ich verstand zwar nicht genau, was er meinte aber ich genoss die Ruhe und das Zusammensein mit dem mir fremden Mann. Er war mir von der ersten Minute an total sympathisch und ich ihm wohl auch.
Denn seit diesem Tag bestellte er mich immer wieder zu sich. Ab und zu schickte er mir auch seinen Hund vorbei um mir mitzuteilen, dass er mich brauchte.
So kam es auch, dass ich fast jeden Tag bei ihm war. Ich erfuhr dadurch, dass er malt und bat ihn einmal darum, es mir beizubringen. Daraufhin fing er laut an zu lachen und meinte nur: „Male, und du malst!“ Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. So ließ ich das Thema erst einmal und schaute ihm einfach nur dabei zu, wenn er vor seinem Fenster an der Staffelei stand und malte.
Ich besorgte ihm alles was er so benötigte wie Lebensmittel, aber vor allem Zeichenmaterialien wie Kohlestifte und Öl- und Acrylfarben. Ich half ihm auch im Haushalt, aber nur wenn er mich darum bat, denn ich traute mich nie irgendetwas anzufassen oder anzuschauen. Nur ging er seither noch weniger beziehungsweise gar nicht mehr in die Stadt. Die meisten Bewohner unserer kleinen Stadt kannten den Alten und fragten sich daher oft, ob der alte Kauz überhaupt noch lebe. Sie behielten sein Haus im Auge und bekamen mit, dass ich oft bei ihm war. So erfanden Sie böse Geschichten. Ich machte mir daher Sorgen, dass meine Eltern mir verbieten würden zu ihm zu gehen. Aber meine Eltern waren ja eh´ den ganzen Tag unterwegs und bekamen es also gar nicht mit. Es interessierte sie nicht im Geringsten, was ich in meiner Freizeit tat. Hauptsache ich bekam gute Noten. So interessierte mich auch nicht, was andere Leute über mich dachten. Sollen sie doch lästern, ja und.
Wenn ich zu ihm kam redete er kaum mit mir. Wir verstanden uns auch ohne große Worte. Manchmal kam es mir so vor, als würde ich ihn nerven. Wollte ich dann gehen, hielt er mich zurück. Aber geredet hat er dann auch nicht.
Fragt mich bitte auch nicht, wie er heißt. Seinen Namen habe ich in all der Zeit noch nicht rausbekommen. Auch sein Hund hat keinen Namen. Meist sprach der Alte seinen Hund mit alten Künstlernamen an so wie „Dali“ oder „van Gogh“ oder auch einfach nur Hund. Als ich ihn einmal darauf ansprach meinte er nur: „Wer braucht Namen. Man ist wie man ist ein Mensch oder ein Tier. Es kommt nur auf die Persönlichkeit an.“ Irgendwie hat er ja auch Recht. Und meist verstanden sie sich ja eh ohne Worte. Übrigens hat er mich auch nie nach meinem Namen gefragt. Aber um die Sache zu vereinfachen nenne ich ihn einfach Pico wie Picasso. Ich könnte ihn natürlich auch Dali oder Vincent nennen, aber ich nenne ihn Pico. Das passt am besten. Er hat was von dem alten Meister.
Die meiste Zeit saß der Alte, also Pico, vor seinen Bildern. Pico malte alles, was ihm vor die Linse kam. Seen, Wiesen, Wälder, Felder oder auch einfach nur Fantasiebilder. Manche Bilder schaute ich mir wieder und wieder an. Sie waren einfach zu schön. Ich fand immer wieder neue Muster und Elemente, die mir vorher nicht aufgefallen waren.
Einmal zeichnete er sogar ein Portrait von mir. Es war mein genaues Ebenbild, nur kam ich mir da viel jünger vor als ich war. Ich fand es wunderschön doch ich sah ihm an, dass er mit seinem Bild, eigentlich allen Bildern unzufrieden war. Das Strahlen in seinen Augen fehlte wenn er seine Bilder ansah. Pico tat mir Leid. Er muss in seinem Leben schon viel gesehen und erlebt haben und alle seine Erlebnisse schon in Bildern verarbeitet haben. Ich dachte mir, vielleicht fehlt es ihm einfach an Inspiration.
So versuchte ich ihn aufzumuntern indem ich ihm kleine Geschichten und Anekdoten aus meinem Leben erzählte. Geschichten über meine Familie, lustige aber auch traurige. Auch über Menschen, die mir auf der Straße begegneten und alles, was ich sonst so sah, wie Kinder, die spielten und sich balgten. Er unterbrach mich nie und ließ mich einfach reden, ganz ohne einen Kommentar.
Ich glaube ich konnte ihm wirklich ein wenig helfen. Er bestellte mich immer öfter zu sich, damit ich ihm erzähle, was ich den ganzen Tag gemacht und gesehen habe. Am meisten interessierten ihn die Geschichten über die Kinder. Jedes Mal, wenn ich auf sie zu sprechen kam fingen seine Augen an zu leuchten. Doch wurde er gleichzeitig auch immer trauriger. Pico starrte dann oft stur geradeaus und sagte kein Wort mehr. Es sah so aus, als erlebe er die Geschichten in seinem Inneren mit. Auch sein Hund zog sich dann immer von mir zurück und schmiegte sich dicht an seinen Herrn. Das geschah immer wieder. Jedes Mal fing ich an zu stocken und kam nach kurzer Zeit auf ein anderes Thema zu sprechen, da ich befürchtete, dass ich ihn irgendwie verletze.
Doch er bat mich darum, ihm mehr von den Kindern zu erzählen. Ich tat was mir gesagt wurde. Leider fielen mir bald keine Geschichten mehr dazu ein also achtete ich, wenn ich unterwegs war, auf jede Kleinigkeit, auch wenn sie mir noch so unwichtig erschien.
Das ging schon ein paar Wochen so. Und als ich wieder einmal zu ihm ins Haus kam, um ihm seine Sachen zu bringen hörte ich ihn mit seinem Hund reden. Er sagte: „Ich kann es einfach nicht. Ich kann malen und zeichnen wie und was ich will aber es entspricht nie der Wirklichkeit. Es hat einfach keinen Sinn.“ Ich trat ins Zimmer und ging zu ihm ans Fenster, sah mir sein Bild an und versicherte ihm, dass dieses und all seine Bilder einfach wunderbar wären und vor allem besser als dieses. Ich hatte ein auseinander gefaltetes Blatt Papier in der Hand und sah es mir an. Ich kam gerade von meiner Tante. Sie hatte Besuch von ihrer Enkelin.
Diese hatte ihrer Tante ein Bild gemalt. Ich dachte mir, wenn er sieht wie gut seine Bilder gegenüber diesem wirkten hätte er ganz schnell wieder gute Laune. So hatte ich es eingesteckt.
Ich sagte ihm noch einmal wie toll ich seine Bilder fand.
Um ihm das noch besser klar zu machen zerriss ich das Bild in meiner Hand. Der Alte packte mich ruckartig am Arm und riss mir die Reste der Kritzelei aus der Hand. Ohne ein Wort zu sagen ging er zurück zu seinem Sessel, auf dem er kurz zuvor gesessen hatte. In diesem Augenblick sah er so zerbrechlich und alt aus. Er tat mir so unendlich leid. Dann sagte er mit gebrochener Stimme: „Sag so etwas nicht. Auf diesem Blatt Papier ist die Wahrheit, die Wirklichkeit. Rein und unschuldig. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als so malen zu können wie dieses Kind. Nichts hörst du, NICHTS!“
Ich wollte etwas erwidern, doch ich konnte nicht. In seinen Augen war… war Mitleid. Für wen? – Für mich etwa? Muss ich mir vielleicht Leid tun? Nur warum?
Aber wie immer verstand ich nichts. Der Alte war mir ein Rätsel. Es war doch nur ein blödes Blatt Papier mir irgendwelchem Gekritzel darauf. Da war doch nur ein komisches Etwas, was nicht im Entferntesten an einen Baum erinnerte aber rot und ein Haus in grün und blau. Das sollte die Wirklichkeit darstellen? – nie im Leben.
Das ist doch nur einfaches Gekritzel. Das kann doch jeder. Warum sollte der Alte so zeichnen wollen?
Darüber dachte ich noch die ganze Nacht nach. Diese Fragen gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.
Am nächsten Morgen wollte ich zu ihm, um ihn danach zu fragen.
Ich kam an sein Haus und …
Alles voll Menschen. Alarm, wo kommt dieser Alarm her… Oh nein PICO!...
Ich ging weiter und wurde mit jedem Schritt schneller. Da, da war er. Sie brachten ihn gerade auf einer Trage zum Rettungswagen. Was ist mit ihm? Ein paar Leute redeten wenige Schritte von mir entfernt. Sie sagten so etwas wie: “Es wir ja auch Zeit, dass er den Löffel abgibt, dieser alte sture Bock.“ oder „Ich will gar nicht wissen, was der immer mit dem armen Kind gemacht hat.“ Was? Wieso ich? Was soll er mit mir gemacht haben? Und was hat mein Vater damit zu tun? Niemand, niemand durfte so über Pico reden. Er war der beste Mensch auf Erden. Diese Leute konnten mir gestohlen bleiben. Sie wussten nichts, gar nichts. Ich lief los. Aber nicht zu Pico, nein. Ich wollte einfach nur noch weg und Niemanden mehr sehen.
Ein paar Stunden später, kurz nachdem ich nach Hause gekommen war, klingelte es an der Haustür. Die Polizei. Mir stockte der Atem. Ich machte die Tür auf, schaffte es aber nicht, dem Mann, in seiner grünen Uniform, in die Augen zu sehen.
Der Polizist sagte, sie hätten in dem Haus des Alten ein Portrait gefunden. Er fragte mich ob ich das sei. Ich bestätigte es ihm stolz und fragte ihn, was denn mit Pico passiert sei. Er sagte mir, das Pico im Krankenhaus liege, zwar im Moment noch nicht bei Bewusstsein, aber es ginge ihm gut. Er sei zumindest außer Lebensgefahr. Aber auf die Frage, was denn genau passiert sei, hatte er keine Antwort.
Doch der Grund für sein Kommen war folgender: Pico´s Hund rannte auf seinem Gehöft hin und her und knurrte jeden an, der ihm zu Nahe kam. Sie müssten ihn aber einfangen um ihn ins Tierheim bringen zu können, zumindest für die Zeit, die sein Herrchen im Krankenhaus verbringen müsse. Sie suchten jemanden, der den Hund einfängt. Ich ließ den Mann nicht einmal ausreden und bettelte ihn an, ob ich mich nicht um den Hund kümmern dürfe, wenn er sich von mir beruhigen ließe.
Zum Glück erlaubte er es mir, aber eben nur unter der Bedingung, dass ich ihn einfangen und ruhig halten könne solange er von einer Tierärztin untersucht wird.
Ich hatte Angst. Was würde passieren, wenn der Hund nicht auf mich hört.
Aber darüber machte ich mir nicht lange sorgen. Kaum hatte ich ihn gerufen kam er zu mir. Es war das erste Mal, dass er auf mich gehört hat. Er muss sofort gespürt haben, dass ich auf seiner Seite bin. Zum Glück, denn im Tierheim hätte er keine zwei Tage überlebt ohne seine Freiheit und vor allem ohne sein Heim und seinen Garten.
Am nächsten Morgen ging ich ins Krankenhaus zu Pico. Es ging ihm schon entwas besser und ich erzählte ihm, was vorgefallen war. Er machte sich wirklich große Sorgen um seinen Hund. Er war in seinem ganzen Hundeleben noch niemals ohne sein Herrchen. Auch erzählte ich ihm von den Leuten, die an seinem Haus gestanden hatten. Pico unterbrach mich barsch und meinte nur: „Was interessieren mich andere Leute. Sollen die doch denken was sie wollen. Sie werden ja sehen, was sie davon haben.“
Und so kamen wir nach einer Weile wieder auf die Kinder zu sprechen. Ich berichtete ihm, was ich gesehen hatte. Die Kinder, die sich balgten und wie sie miteinander spielten. Als ich aufhörte zu erzählen traute ich meinen Augen kaum. Pico, er weinte. Er lag in seinem Bett und weinte. Er machte sich auch nichts daraus, dass ich ihn so sah. Ich war platt und irgendwie verlegen. Dann stand ich auf und wollte gehen. Pico hielt mich aber am Arm fest und bat mich, mich doch wieder zu setzten. Dann fing er an, mir von sich zu erzählen. Zum ersten Mal erzählte er mir, aus seinem Leben. Von Sachen, die ich mich nie getraut hätte, ihn zu fragen. Ich saß mit offenem Mund auf meinem Stuhl und hörte ihm zu. Er weinte und weinte aber seine Stimme klang nicht gebrochen, im Gegenteil er klang stark und selbstbewusst. So, wie ich ihn immer kannte und kennen gelernt hatte.
Ich erfuhr, dass er vor vielen Jahren verheiratet war und einen kleinen Sohn hatte. Doch leider auch, dass beide, Frau und Kind, bei einem Unfall ums Leben kamen, als der Junge gerade erst 6 Jahre alt war. Dieser kleine Junge zeigte ihm erst, wie schön Kunst sein kann. Er hatte seinem Kind nie beim malen zugesehen. Pico erzählte mir, dass er damals genauso wie ich dachte, dass alles ist doch nur Gekritzel.
Er hatte nie genug Zeit für seinen Sohn und seine Frau. Am Tag ihres Todes hatten sie sich noch darum gestritten. Frau und Kind wollten zur Großmutter auf´s Land. Aber statt mit zufahren und sie zu beschützen blieb er daheim um zu Arbeiten.
Pico sagte mir auch, dass er sich deswegen immer noch Vorwürfe mache. Sie hätten noch leben können, wenn er sie zurück gehalten hätte und eingesehen hätte, dass nicht die Arbeit sondern das Leben wichtig ist. Die Einsicht kam für ihn leider zu spät.
Dann bat Pico mich, ihm seine Jacke zu geben, die auf einem Stuhl lag. Er holte einen alten abgegriffenen Zettel aus der Tasche und gab ihn mir. Es war ein ähnliches Bild wie das, welches ich zerrissen hatte. Ich fühlte mich schrecklich. Sein Sohn gab es ihm am Tage seiner Abreise. Seit dem hat er es immer bei sich.
Er meinte noch, dass ich ihn daran erinnert hatte, wie sein Junge damals war. Offen, ehrlich und kindlich naiv. Auch sagte er, ich würde irgendwann verstehen, worum es im Leben wirklich geht.
Jetzt wusste ich auch, warum er immer wenn ich von Kindern berichtete, so abwesend und traurig war. Ich musste ihn immer wieder daran erinnert haben. Ich wusste warum ich auf meinem Porträt so viel jünger aussah, eben weil ich ihn an seinen Jungen erinnert habe, aber vor allem wusste ich jetzt, dass er mich mochte.
Ich stand wortlos auf um zu gehen. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich sah ihm in die Augen, er nickte mir zu, und ich ging. Ich verließ das Krankenhaus und lief in den Park. Wie ferngesteuert ging ich direkt auf den Spielplatz zu und setzte mich auf die Wiese. Ein paar hundert Meter von mir entfernt saß ein kleines Mädchen und malte. Ich dachte unentwegt, an die Geschichte des Alten, es ließ mich einfach nicht los. Auch dieses Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Es hatte so was Eigenartiges. Auf dem Bild war ein Haus und drei Figuren. Aber… es war nur eine davon auf der Erde. Die beiden anderen Figuren, wahrscheinlich Mutter und Kind, hingen irgendwie in den Wolken. Ich wollte dann aber nicht mehr länger darüber nachdenken. Es hat keinen Sinn sich über Vergangenes lange den Kopf zu zerbrechen.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich dann aber immer mehr auf das Mädchen, dass dort auf der Wiese saß und malte.
Als sie bemerkte, dass ich sie ansah, kam sie freudestrahlend auf mich zu. Plötzlich stand sie vor mir und sah mich an. Ich ließ es geschehen und lachte. Ein kleines Mädchen schaute auf mich herab. Es muss komisch ausgesehen haben, wie sie so vor mir stand. Dann streckte sie die Hand aus, gab mir ihr gemaltes Bild und lief wieder zurück zu ihrem Platz. Sie hieß Marlene, dass stand in großen Buchstaben auf dem Blatt.
Mir fielen die Worte des Alten wieder ein und ich sah mir das Bild ganz genau an. Auf dem Bild war eine große bunte Kugel, rund herum waren ein Haus und zwei Menschen gemalt. Über der ersten Figur standen die Worte: „Das bin ich“ Dieses Strichmännchen hatte blondes Haar und große blaue Kulleraugen. Über der zweiten Figur stand „und das du“ in einer großen krakeligen Schrift. Ich sah mir diese Zeichnung sehr lange an. Jeden Strich nahm ich unter die Lupe, dann sah ich wieder zu dem Mädchen. Es saß wieder auf ihrer kleinen Decke und malte.
Ich sah ihr noch eine gute halbe Stunde zu. Immer, wenn sie ein neues Bild fertig hatte schaute sie sich um, ging zu der ersten Person, die sie ansah und schenkte ihr das gemalte Bild. Auf jedem Bild war eine Sonne, ein Haus und die Erde, wie ich später herausfand. Alles in einer wunderbaren kindlichen Art dargestellt. Die Gefühle, die dieses Bild in mir auslösten, in Verbindung mit den Worten des Alten, waren einfach unbeschreiblich.
Ich lief sofort wieder zu Pico. Ich wusste genau, dass er der Einzige ist, der mich verstehen würde und ich hatte Recht. Er verstand mich genau. Doch nun tat Pico mir furchtbar leid. Schließlich hatte ich bei ihm alte Wunden aufgerissen.
Statt mich aber wegzuschicken oder mir Vorwürfe zu machen nahm er mich in den Arm und sagte mir, wie froh er sei, dass ich verstanden habe was Kindsein bedeutet.
Damals war das anders, er lief durch Wälder und Wiesen und war oft stundenlang unterwegs. Der Rüde jagte für sein Leben gern hinter Hasen und Rehen her. Gefangen hat er natürlich nie eines, dafür war er einfach zu langsam. Aber das machte ihm nichts aus. Auch grub er gerne riesige Löcher in den, an das Haus grenzenden Garten, um Knochen zu vergraben oder Mäuse und Maulwürfe zu fangen. Diese nahmen immer reiß aus, wenn sie ihn sahen. Sie wussten ja nicht, dass er nur mit ihnen spielen wollte. Sein Herr schaute ihm oft dabei zu und freute sich für seinen Hund, auch wenn er die entstandenen Löcher später alle wieder zuschütten musste.
Die Beiden gingen auch sehr selten in die Stadt. Meist nur, wenn sie Lebensmittel brauchten. Daher galt der Alte als Außenseiter und Eigenbrötler. Es machte ihm auch nicht viel aus, denn ihn plagten andere Probleme. Er vertraute sich Niemandem an, nicht einmal mir.
Wer ich bin? Eines Nachmittags, als ich wieder einfach so durch die Gegend schlenderte kam ich an seinem Haus vorbei. Ich sah ihn mitten im Garten stehen. Er schaute in die Ferne. So neugierig, wie ich nun mal bin, ging ich näher heran. Als er mich erblickte lächelte er mir einfach nur zu. Dadurch ermutigt fragte ich ihn, was er da mache. Er antwortete nicht, sondern machte die Pforte auf, nahm mich bei der Hand, führte mich in die Mitte des Gartens, da wo er vor wenigen Augenblicken noch gestanden hatte und deutete mit seiner Hand auf die Felder und den angrenzenden Wald hinter seinem Haus.
Gut zwei Minuten lang standen wir so da aber mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Ich verstand zwar nicht genau, was er meinte aber ich genoss die Ruhe und das Zusammensein mit dem mir fremden Mann. Er war mir von der ersten Minute an total sympathisch und ich ihm wohl auch.
Denn seit diesem Tag bestellte er mich immer wieder zu sich. Ab und zu schickte er mir auch seinen Hund vorbei um mir mitzuteilen, dass er mich brauchte.
So kam es auch, dass ich fast jeden Tag bei ihm war. Ich erfuhr dadurch, dass er malt und bat ihn einmal darum, es mir beizubringen. Daraufhin fing er laut an zu lachen und meinte nur: „Male, und du malst!“ Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. So ließ ich das Thema erst einmal und schaute ihm einfach nur dabei zu, wenn er vor seinem Fenster an der Staffelei stand und malte.
Ich besorgte ihm alles was er so benötigte wie Lebensmittel, aber vor allem Zeichenmaterialien wie Kohlestifte und Öl- und Acrylfarben. Ich half ihm auch im Haushalt, aber nur wenn er mich darum bat, denn ich traute mich nie irgendetwas anzufassen oder anzuschauen. Nur ging er seither noch weniger beziehungsweise gar nicht mehr in die Stadt. Die meisten Bewohner unserer kleinen Stadt kannten den Alten und fragten sich daher oft, ob der alte Kauz überhaupt noch lebe. Sie behielten sein Haus im Auge und bekamen mit, dass ich oft bei ihm war. So erfanden Sie böse Geschichten. Ich machte mir daher Sorgen, dass meine Eltern mir verbieten würden zu ihm zu gehen. Aber meine Eltern waren ja eh´ den ganzen Tag unterwegs und bekamen es also gar nicht mit. Es interessierte sie nicht im Geringsten, was ich in meiner Freizeit tat. Hauptsache ich bekam gute Noten. So interessierte mich auch nicht, was andere Leute über mich dachten. Sollen sie doch lästern, ja und.
Wenn ich zu ihm kam redete er kaum mit mir. Wir verstanden uns auch ohne große Worte. Manchmal kam es mir so vor, als würde ich ihn nerven. Wollte ich dann gehen, hielt er mich zurück. Aber geredet hat er dann auch nicht.
Fragt mich bitte auch nicht, wie er heißt. Seinen Namen habe ich in all der Zeit noch nicht rausbekommen. Auch sein Hund hat keinen Namen. Meist sprach der Alte seinen Hund mit alten Künstlernamen an so wie „Dali“ oder „van Gogh“ oder auch einfach nur Hund. Als ich ihn einmal darauf ansprach meinte er nur: „Wer braucht Namen. Man ist wie man ist ein Mensch oder ein Tier. Es kommt nur auf die Persönlichkeit an.“ Irgendwie hat er ja auch Recht. Und meist verstanden sie sich ja eh ohne Worte. Übrigens hat er mich auch nie nach meinem Namen gefragt. Aber um die Sache zu vereinfachen nenne ich ihn einfach Pico wie Picasso. Ich könnte ihn natürlich auch Dali oder Vincent nennen, aber ich nenne ihn Pico. Das passt am besten. Er hat was von dem alten Meister.
Die meiste Zeit saß der Alte, also Pico, vor seinen Bildern. Pico malte alles, was ihm vor die Linse kam. Seen, Wiesen, Wälder, Felder oder auch einfach nur Fantasiebilder. Manche Bilder schaute ich mir wieder und wieder an. Sie waren einfach zu schön. Ich fand immer wieder neue Muster und Elemente, die mir vorher nicht aufgefallen waren.
Einmal zeichnete er sogar ein Portrait von mir. Es war mein genaues Ebenbild, nur kam ich mir da viel jünger vor als ich war. Ich fand es wunderschön doch ich sah ihm an, dass er mit seinem Bild, eigentlich allen Bildern unzufrieden war. Das Strahlen in seinen Augen fehlte wenn er seine Bilder ansah. Pico tat mir Leid. Er muss in seinem Leben schon viel gesehen und erlebt haben und alle seine Erlebnisse schon in Bildern verarbeitet haben. Ich dachte mir, vielleicht fehlt es ihm einfach an Inspiration.
So versuchte ich ihn aufzumuntern indem ich ihm kleine Geschichten und Anekdoten aus meinem Leben erzählte. Geschichten über meine Familie, lustige aber auch traurige. Auch über Menschen, die mir auf der Straße begegneten und alles, was ich sonst so sah, wie Kinder, die spielten und sich balgten. Er unterbrach mich nie und ließ mich einfach reden, ganz ohne einen Kommentar.
Ich glaube ich konnte ihm wirklich ein wenig helfen. Er bestellte mich immer öfter zu sich, damit ich ihm erzähle, was ich den ganzen Tag gemacht und gesehen habe. Am meisten interessierten ihn die Geschichten über die Kinder. Jedes Mal, wenn ich auf sie zu sprechen kam fingen seine Augen an zu leuchten. Doch wurde er gleichzeitig auch immer trauriger. Pico starrte dann oft stur geradeaus und sagte kein Wort mehr. Es sah so aus, als erlebe er die Geschichten in seinem Inneren mit. Auch sein Hund zog sich dann immer von mir zurück und schmiegte sich dicht an seinen Herrn. Das geschah immer wieder. Jedes Mal fing ich an zu stocken und kam nach kurzer Zeit auf ein anderes Thema zu sprechen, da ich befürchtete, dass ich ihn irgendwie verletze.
Doch er bat mich darum, ihm mehr von den Kindern zu erzählen. Ich tat was mir gesagt wurde. Leider fielen mir bald keine Geschichten mehr dazu ein also achtete ich, wenn ich unterwegs war, auf jede Kleinigkeit, auch wenn sie mir noch so unwichtig erschien.
Das ging schon ein paar Wochen so. Und als ich wieder einmal zu ihm ins Haus kam, um ihm seine Sachen zu bringen hörte ich ihn mit seinem Hund reden. Er sagte: „Ich kann es einfach nicht. Ich kann malen und zeichnen wie und was ich will aber es entspricht nie der Wirklichkeit. Es hat einfach keinen Sinn.“ Ich trat ins Zimmer und ging zu ihm ans Fenster, sah mir sein Bild an und versicherte ihm, dass dieses und all seine Bilder einfach wunderbar wären und vor allem besser als dieses. Ich hatte ein auseinander gefaltetes Blatt Papier in der Hand und sah es mir an. Ich kam gerade von meiner Tante. Sie hatte Besuch von ihrer Enkelin.
Diese hatte ihrer Tante ein Bild gemalt. Ich dachte mir, wenn er sieht wie gut seine Bilder gegenüber diesem wirkten hätte er ganz schnell wieder gute Laune. So hatte ich es eingesteckt.
Ich sagte ihm noch einmal wie toll ich seine Bilder fand.
Um ihm das noch besser klar zu machen zerriss ich das Bild in meiner Hand. Der Alte packte mich ruckartig am Arm und riss mir die Reste der Kritzelei aus der Hand. Ohne ein Wort zu sagen ging er zurück zu seinem Sessel, auf dem er kurz zuvor gesessen hatte. In diesem Augenblick sah er so zerbrechlich und alt aus. Er tat mir so unendlich leid. Dann sagte er mit gebrochener Stimme: „Sag so etwas nicht. Auf diesem Blatt Papier ist die Wahrheit, die Wirklichkeit. Rein und unschuldig. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als so malen zu können wie dieses Kind. Nichts hörst du, NICHTS!“
Ich wollte etwas erwidern, doch ich konnte nicht. In seinen Augen war… war Mitleid. Für wen? – Für mich etwa? Muss ich mir vielleicht Leid tun? Nur warum?
Aber wie immer verstand ich nichts. Der Alte war mir ein Rätsel. Es war doch nur ein blödes Blatt Papier mir irgendwelchem Gekritzel darauf. Da war doch nur ein komisches Etwas, was nicht im Entferntesten an einen Baum erinnerte aber rot und ein Haus in grün und blau. Das sollte die Wirklichkeit darstellen? – nie im Leben.
Das ist doch nur einfaches Gekritzel. Das kann doch jeder. Warum sollte der Alte so zeichnen wollen?
Darüber dachte ich noch die ganze Nacht nach. Diese Fragen gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.
Am nächsten Morgen wollte ich zu ihm, um ihn danach zu fragen.
Ich kam an sein Haus und …
Alles voll Menschen. Alarm, wo kommt dieser Alarm her… Oh nein PICO!...
Ich ging weiter und wurde mit jedem Schritt schneller. Da, da war er. Sie brachten ihn gerade auf einer Trage zum Rettungswagen. Was ist mit ihm? Ein paar Leute redeten wenige Schritte von mir entfernt. Sie sagten so etwas wie: “Es wir ja auch Zeit, dass er den Löffel abgibt, dieser alte sture Bock.“ oder „Ich will gar nicht wissen, was der immer mit dem armen Kind gemacht hat.“ Was? Wieso ich? Was soll er mit mir gemacht haben? Und was hat mein Vater damit zu tun? Niemand, niemand durfte so über Pico reden. Er war der beste Mensch auf Erden. Diese Leute konnten mir gestohlen bleiben. Sie wussten nichts, gar nichts. Ich lief los. Aber nicht zu Pico, nein. Ich wollte einfach nur noch weg und Niemanden mehr sehen.
Ein paar Stunden später, kurz nachdem ich nach Hause gekommen war, klingelte es an der Haustür. Die Polizei. Mir stockte der Atem. Ich machte die Tür auf, schaffte es aber nicht, dem Mann, in seiner grünen Uniform, in die Augen zu sehen.
Der Polizist sagte, sie hätten in dem Haus des Alten ein Portrait gefunden. Er fragte mich ob ich das sei. Ich bestätigte es ihm stolz und fragte ihn, was denn mit Pico passiert sei. Er sagte mir, das Pico im Krankenhaus liege, zwar im Moment noch nicht bei Bewusstsein, aber es ginge ihm gut. Er sei zumindest außer Lebensgefahr. Aber auf die Frage, was denn genau passiert sei, hatte er keine Antwort.
Doch der Grund für sein Kommen war folgender: Pico´s Hund rannte auf seinem Gehöft hin und her und knurrte jeden an, der ihm zu Nahe kam. Sie müssten ihn aber einfangen um ihn ins Tierheim bringen zu können, zumindest für die Zeit, die sein Herrchen im Krankenhaus verbringen müsse. Sie suchten jemanden, der den Hund einfängt. Ich ließ den Mann nicht einmal ausreden und bettelte ihn an, ob ich mich nicht um den Hund kümmern dürfe, wenn er sich von mir beruhigen ließe.
Zum Glück erlaubte er es mir, aber eben nur unter der Bedingung, dass ich ihn einfangen und ruhig halten könne solange er von einer Tierärztin untersucht wird.
Ich hatte Angst. Was würde passieren, wenn der Hund nicht auf mich hört.
Aber darüber machte ich mir nicht lange sorgen. Kaum hatte ich ihn gerufen kam er zu mir. Es war das erste Mal, dass er auf mich gehört hat. Er muss sofort gespürt haben, dass ich auf seiner Seite bin. Zum Glück, denn im Tierheim hätte er keine zwei Tage überlebt ohne seine Freiheit und vor allem ohne sein Heim und seinen Garten.
Am nächsten Morgen ging ich ins Krankenhaus zu Pico. Es ging ihm schon entwas besser und ich erzählte ihm, was vorgefallen war. Er machte sich wirklich große Sorgen um seinen Hund. Er war in seinem ganzen Hundeleben noch niemals ohne sein Herrchen. Auch erzählte ich ihm von den Leuten, die an seinem Haus gestanden hatten. Pico unterbrach mich barsch und meinte nur: „Was interessieren mich andere Leute. Sollen die doch denken was sie wollen. Sie werden ja sehen, was sie davon haben.“
Und so kamen wir nach einer Weile wieder auf die Kinder zu sprechen. Ich berichtete ihm, was ich gesehen hatte. Die Kinder, die sich balgten und wie sie miteinander spielten. Als ich aufhörte zu erzählen traute ich meinen Augen kaum. Pico, er weinte. Er lag in seinem Bett und weinte. Er machte sich auch nichts daraus, dass ich ihn so sah. Ich war platt und irgendwie verlegen. Dann stand ich auf und wollte gehen. Pico hielt mich aber am Arm fest und bat mich, mich doch wieder zu setzten. Dann fing er an, mir von sich zu erzählen. Zum ersten Mal erzählte er mir, aus seinem Leben. Von Sachen, die ich mich nie getraut hätte, ihn zu fragen. Ich saß mit offenem Mund auf meinem Stuhl und hörte ihm zu. Er weinte und weinte aber seine Stimme klang nicht gebrochen, im Gegenteil er klang stark und selbstbewusst. So, wie ich ihn immer kannte und kennen gelernt hatte.
Ich erfuhr, dass er vor vielen Jahren verheiratet war und einen kleinen Sohn hatte. Doch leider auch, dass beide, Frau und Kind, bei einem Unfall ums Leben kamen, als der Junge gerade erst 6 Jahre alt war. Dieser kleine Junge zeigte ihm erst, wie schön Kunst sein kann. Er hatte seinem Kind nie beim malen zugesehen. Pico erzählte mir, dass er damals genauso wie ich dachte, dass alles ist doch nur Gekritzel.
Er hatte nie genug Zeit für seinen Sohn und seine Frau. Am Tag ihres Todes hatten sie sich noch darum gestritten. Frau und Kind wollten zur Großmutter auf´s Land. Aber statt mit zufahren und sie zu beschützen blieb er daheim um zu Arbeiten.
Pico sagte mir auch, dass er sich deswegen immer noch Vorwürfe mache. Sie hätten noch leben können, wenn er sie zurück gehalten hätte und eingesehen hätte, dass nicht die Arbeit sondern das Leben wichtig ist. Die Einsicht kam für ihn leider zu spät.
Dann bat Pico mich, ihm seine Jacke zu geben, die auf einem Stuhl lag. Er holte einen alten abgegriffenen Zettel aus der Tasche und gab ihn mir. Es war ein ähnliches Bild wie das, welches ich zerrissen hatte. Ich fühlte mich schrecklich. Sein Sohn gab es ihm am Tage seiner Abreise. Seit dem hat er es immer bei sich.
Er meinte noch, dass ich ihn daran erinnert hatte, wie sein Junge damals war. Offen, ehrlich und kindlich naiv. Auch sagte er, ich würde irgendwann verstehen, worum es im Leben wirklich geht.
Jetzt wusste ich auch, warum er immer wenn ich von Kindern berichtete, so abwesend und traurig war. Ich musste ihn immer wieder daran erinnert haben. Ich wusste warum ich auf meinem Porträt so viel jünger aussah, eben weil ich ihn an seinen Jungen erinnert habe, aber vor allem wusste ich jetzt, dass er mich mochte.
Ich stand wortlos auf um zu gehen. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich sah ihm in die Augen, er nickte mir zu, und ich ging. Ich verließ das Krankenhaus und lief in den Park. Wie ferngesteuert ging ich direkt auf den Spielplatz zu und setzte mich auf die Wiese. Ein paar hundert Meter von mir entfernt saß ein kleines Mädchen und malte. Ich dachte unentwegt, an die Geschichte des Alten, es ließ mich einfach nicht los. Auch dieses Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Es hatte so was Eigenartiges. Auf dem Bild war ein Haus und drei Figuren. Aber… es war nur eine davon auf der Erde. Die beiden anderen Figuren, wahrscheinlich Mutter und Kind, hingen irgendwie in den Wolken. Ich wollte dann aber nicht mehr länger darüber nachdenken. Es hat keinen Sinn sich über Vergangenes lange den Kopf zu zerbrechen.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich dann aber immer mehr auf das Mädchen, dass dort auf der Wiese saß und malte.
Als sie bemerkte, dass ich sie ansah, kam sie freudestrahlend auf mich zu. Plötzlich stand sie vor mir und sah mich an. Ich ließ es geschehen und lachte. Ein kleines Mädchen schaute auf mich herab. Es muss komisch ausgesehen haben, wie sie so vor mir stand. Dann streckte sie die Hand aus, gab mir ihr gemaltes Bild und lief wieder zurück zu ihrem Platz. Sie hieß Marlene, dass stand in großen Buchstaben auf dem Blatt.
Mir fielen die Worte des Alten wieder ein und ich sah mir das Bild ganz genau an. Auf dem Bild war eine große bunte Kugel, rund herum waren ein Haus und zwei Menschen gemalt. Über der ersten Figur standen die Worte: „Das bin ich“ Dieses Strichmännchen hatte blondes Haar und große blaue Kulleraugen. Über der zweiten Figur stand „und das du“ in einer großen krakeligen Schrift. Ich sah mir diese Zeichnung sehr lange an. Jeden Strich nahm ich unter die Lupe, dann sah ich wieder zu dem Mädchen. Es saß wieder auf ihrer kleinen Decke und malte.
Ich sah ihr noch eine gute halbe Stunde zu. Immer, wenn sie ein neues Bild fertig hatte schaute sie sich um, ging zu der ersten Person, die sie ansah und schenkte ihr das gemalte Bild. Auf jedem Bild war eine Sonne, ein Haus und die Erde, wie ich später herausfand. Alles in einer wunderbaren kindlichen Art dargestellt. Die Gefühle, die dieses Bild in mir auslösten, in Verbindung mit den Worten des Alten, waren einfach unbeschreiblich.
Ich lief sofort wieder zu Pico. Ich wusste genau, dass er der Einzige ist, der mich verstehen würde und ich hatte Recht. Er verstand mich genau. Doch nun tat Pico mir furchtbar leid. Schließlich hatte ich bei ihm alte Wunden aufgerissen.
Statt mich aber wegzuschicken oder mir Vorwürfe zu machen nahm er mich in den Arm und sagte mir, wie froh er sei, dass ich verstanden habe was Kindsein bedeutet.
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